Als Heu bezeichnet man die erste Mahd, also den ersten Schnitt im Jahr. Bei uns am Haettelihof werden die Wiesen meist zweimal im Jahr gemäht, das ist für die Vielfalt und die Aussamung von bestimmten Pflanzen gut und wichtig. (Konventionell werden Wiesen oft 4-6 mal gemäht, aber dann siliert. Silage ist das durch Milchsäurebakterien vergorenes Futter.) Mäht man das zweite Mal, nennt man dies in Süddeutschland Öhmd.
Der Bauer ist gleichermaßen nervös wie auch voller Vorfreude, denn es geht um nicht weniger als die Hauptwinterversorgung der Rinder. Und die Frau wiederum weiß, die meisten schönen Tage gehören jetzt dem Heu. So ist es, wenn die Natur und die Jahreszeiten den Takt mitbestimmen. Der Klimawandel macht die Heuernte mittlerweile zum Lotteriespiel, die letzten Jahre haben uns gezeigt, wie überlegt wir vorgehen müssen.
Als wir vor 20 Jahren mit dem Betrieb begannen, gab es im Juni meist 2-3 schöne, trockene Wochen am Stück. Inzwischen ist das Wetter nicht mehr so berechenbar und wir müssen in Etappen heuen, weil es immer wieder regnet. Wenn das Heu nass wird, leidet die Qualität. Es kann dann zwar auch wieder trocknen, aber Nährstoffe werden ausgeschwemmt.
Anders, als viele denken, kann man nicht einfach drauflosmähen, denn es kommt auch darauf an, wie das Gras gewachsen ist. Welche Wiese wird zuerst gemäht? Wo ist was wie gewachsen? Gibt es zum Beispiel viele hohe Gräser und wenig Untergras oder nicht?
Dieses Jahr war es im April extrem trocken, es stand sehr wenig Gras auf den Wiesen. Wir waren also sehr erleichtert, als noch Regen nachkam. Grundsätzlich müssen wir mit zunehmend trockeneren Jahren rechnen, das Grundwasser hat seinen Spiegel seit dem Hitze-Sommer 2018 nicht mehr aufgeholt. (Dazu ist zu sagen, dass wir es am Bodensee noch gut haben, im Vergleich zu anderen Gegenden. Zum einen, weil es bei uns immer mal wieder regnet und das Gras die Feuchtigkeit bekommt, die es für ein Wachstum braucht. Und zum anderen, weil wir keine sandigen Böden haben.)
Kündigt der Wetterbericht mindestens drei aufeinanderfolgende Tage Sonne ohne Niederschläge an, geht es los. Mäher, Kreiselheuer zum Verstreuen, Schwader und Presse stehen für ihren Einsatz bereit.
Während wir in unserer Ausbildung noch gelernt haben, ganz tief zu mähen (es galt, nichts zu verschenken!), mähen wir heute mit einer Höhe von ca. 7cm. So wird die Grasnarbe geschont und das Gras kann leichter wieder wachsen. Schnell zeigen sich so schon wieder Kräuter auf den Wiesen. Insgesamt 25ha mähen wir so zweimal pro Jahr.
Ziel ist es, das Gras auf eine Restfeuchte von ca. 14% herunterzutrocknen, denn damit ist das Heu lagerfähig. So folgt auf die Mahd erst einmal das Verstreuen, damit das Gras von allen Seiten trocknet. Dabei gehen wir vorsichtig vor, damit es nicht weiter zerkleinert wird. Wirklich schönes Futter ist das, bei dem die Blättchen noch an den Stielen hängen.
Jeder kennt die Reihen, die in der Heuzeit so schön auf den Wiesen liegen. Das sogenannte Nachschwaden stellt sicher, dass die Nachtfeuchte nicht wieder alles durchdringt. Am nächsten Morgen wird wieder verstreut – und wenn es knapp wird wegen des Wetters, wendet man noch öfter.
Am Ende wird geschwadet, also das Heu in langen Reihen zusammen gerecht, die die Presse dann aufnehmen kann. Gepresst wird nicht vor der Mittagszeit, da der Morgentau erst abtrocknen sollte – und nicht zu spät am Abend, denn dann kommt die Feuchtigkeit vom Boden. Meist läuft das Pressen ganz entspannt, die Maschine übernimmt den Großteil der Arbeit, manchmal aber wird es auch stressig, weil zum Beispiel Gewitterwolken aufziehen und/oder auch noch andere Landwirte gepresst haben wollen und die Maschinen geteilt werden.
Dann folgt der Blick aufs Ergebnis: Große Freude, wenn es wirklich schön ist. Die Spannung, wie viele Ballen es am Ende doch geworden sind. Nun werden die Ballen auf den Anhänger verladen und gestapelt, bei uns unters Flies. Wenn Regen angekündigt ist, oft bis tief in die Nacht.
Größte Anspannung verwandelt sich in das größte Glück, wenn alles im Trockenen ist, der Regen kommen und endlich mit einem wohlverdienten Bier angestoßen werden kann. Alles in allem ist es jedes Jahr eine anstrengende, nervenaufreibende Zeit!
Nachdem alle Stücke gemäht sind, wissen wir die Lage für das Jahr einzuschätzen. Wie viel brauchen wir noch, um gut über den Winter zu kommen? Das Öhmden wird schwieriger, weil es bei uns ab August schon wieder viel feuchter ist, das Gras morgens länger braucht zum Trocknen und es abends schon früh anzieht…
Wir werden berichten!