Lebensraum Natursteinmauer

Unsere Trockensteinmauer oberhalb des Kuhstalles, unser öffentlicher Sitzplatz wurde gerade restauriert, denn sie war beschädigt worden und drohte dadurch zu verfallen. Diese schöne Mauer ist eben nicht nur ein Sitzplatz, der aus zufällig zusammengetürmten Steinen entstanden ist. In fünf Tagen intensiver Arbeit fügte eine Vielzahl von Menschen Stein auf Stein zusammen, denn eine Trockensteinmauer kommt ohne Mörtel aus…

Handwerk, Kunst und Wissenschaft
Der Bau von Trockenmauern ist Handwerk, Kunst und Wissenschaft zugleich. In der umweltfreundlichen, arbeitsintensiven Baumethode werden roh gespaltene Steine aus Steinbrüchen (oder früher Steine aus Bachbetten) oder aus dem Gelände verwendet. Die Steine haben keine exakten geometrischen Formen, da sie möglichst wenig bearbeitet werden. Trockenmauern gibt es seit Jahrtausenden überall auf der Welt. Oft ohne Planung, aber durchaus mit Plan errichtet, folgen sie auf der ganzen Welt den gleichen Regeln, die sich durch Erfahrung herausgebildet haben. 

Wir haben uns für eine Trockensteinmauer entschieden, weil wir ein haltbares Bauwerk errichten wollten, das Lebensraum für Mensch, Tier und Pflanze bietet.

Habitat Trockensteinmauer
Trockenmauern öffnen eine ganze Fülle verschiedener Lebensräume. Warme und kalte, trockene und feuchte, schattige und besonnte Plätze liegen eng beisammen. Eine Vielzahl von Insekten, Spinnen, Schnecken, Reptilien und Amphibien finden im Spaltensystem einer Trockenmauer ideale Rückzugs-, Jagd- und Überwinterungsmöglichkeiten. Viele der Tiere und Pflanzen haben sich auf das Leben an Trockenmauern spezialisiert. Deren Erhaltung bedeutet also zugleich die Erhaltung von Lebensräumen und einen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt.

Die Oberfläche der Mauer liegt durch die Sonne oft trocken und ist großen Temperaturschwankungen ausgesetzt, das Mauerinnere ist eher kühl und feucht mit ausgeglichener Temperatur. Die Besiedlung erfolgt in einer festgelegten Reihenfolge: Zuerst werden die der Witterung ausgesetzten Steine durch Bakterien besiedelt, welche in Poren und Spalten eindringen. Mit bloßem Auge ist – mit Ausnahme eines leichten Farbwechsels der Steinoberfläche – noch nichts zu erkennen. (So das jetzige Stadium unserer Mauer.) Später siedeln sich Flechten und Moose und im weiteren Verlauf eine Fülle anderer Pflanzen an. Schätzungen zufolge dauert die volle Entwicklung der Mauervegetation 100-500 Jahre.

Stein auf Stein
Beim Mauerbau wurden wir von einem Fachmann aus der Schweiz und seinem vierköpfigen Team unterstützt. Gemeinsam legten wir die Grundlagen der Mauer, anschließend wurden wir Laien angeleitet, dieses kleine Kunstwerk zu errichten.

Da es uns wichtig war, Steine aus der Region zu verwenden, haben wir uns für Kalkstein aus dem Steinbruch in Eigeltingen entschieden. Das ist kein einfacher Stein, da er sich schwer behauen lässt und die Absicht ist, die Steine so ineinander zu fügen, dass sie nicht wackeln.
Eine Trockenmauer benötigt ein Fundament aus verdichtetem Kies oder Schotter. Dafür wird auf der gesamten Länge der Mauer ein Graben von 30 bis 50 cm Tiefe (je nach Höhe der Mauer) ausgehoben.
Zur Hangabstützung muss ein bestimmter Winkel eingehalten werden und der Wasserabfluss gewährleistet sein. Es soll sich keine Erde in der Mauer selbst befinden, um zu verhindern, dass sich Pflanzensamen ansiedeln und Wurzeln schlagen und so die Mauer sprengen können. Insgesamt kommen ganz unterschiedliche Steingrößen zum Einsatz. Die Fundamentsteine sind möglichst groß und flach. Die eigentliche Mauer wird Schicht für Schicht mit Steinen errichtet, die zumindest auf der Frontseite flach sind. Wichtig ist, dass jeder Stein sitzt, die Voraussetzung für ein tolles Ergebnis sind also konzentriertes Arbeiten, Fingerspitzengefühl, und ein gutes Auge bei der Auswahl des nächsten Steins.

Wir sagen Danke!
Es war ein sehr schönes und befriedigendes Erlebnis, dieses gelungene Mauerwerk im Gruppenprozess zu errichten – eine Erfahrung, die uns viel Wertschätzung für diese Form des Handwerks gelehrt hat!